Beurteilung des ablehnenden Essverhalten bei Demenz mit der Blandford Skala und Lösungsstrategien
Im Verlauf der Demenz kommt es in der fortgeschrittenen Phase häufig zu Ernährungsproblemen, weil die Betroffenen z. B. das Essen ablehnen, nicht trinken wollen oder die Fähigkeit verloren haben mit Besteck umzugehen.
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In einer Studie von Blandford konnten Problemen beim Essverhalten kategorisiert werden. Jede Verhaltens-Kategorie erfordert wiederum eigene spezifische therapeutische Interventionen. Die Blandford Skala (Aversive Feeding Behaviour Inventory) teilt „Ablehnendes Essverhalten“ in folgende Kategorien:
Beeinträchtigt direkt den Essensvorgang
- Selektives Verhalten, nur bestimmte Lebensmittel werde gegessen oder getrunken.
- Allgemeine Dyspraxie/Agnosie (globale kognitive Defizite, Verwirrtheit fehlende Konzentration)
Indirekte Beeinträchtigung des Essens
- ablehnendes Verhalten
- Oropharyngeale Dysphagie (fehlende orale neuromuskuläre Koordination beim Kauen)
- Pharygnoösophageale Dysphagie (Nahrung gelangt in die Luftwege)
- Abhängigkeit vom Füttern (Ergebnis anderer Verhaltensstörungen beim Essen)
Die Häufigkeit von ablehnendem Verhalten beim Essen nimmt im Verlauf der Demenzerkrankung zu. In den schweren und terminalen Stadien der Erkrankung nimmt die Dyspraxie zu, während gleichzeitig die Nahrungsverweigerung abnimmt. Selektives Verhalten und Widerstandsverhalten sowie non-orale Dyspraxie können allgemeinen Änderungen zerebraler Funktionen zugeordnet werden (Appetitlosigkeit, Angst, agitiertes Verhalten). Dagegen ist die buccale Dyspraxie Ausdruck neuromuskulärer Dysfunktion in der Mund- und Pharynxphase des Schluckvorgangs. Oropharyngeale Dysphagie tritt in den Endstadien der Demenz auf und wird selten klinisch erkannt. Sie betrifft Störungen des Mundschlusses, des Kauens und Einspeichelns, der Bolusformation und der Passage des Bolus in den Pharynx.
Quelle: Blandford G, Watkins LB, Mulvihill MN & Taylor B. (1998) Assessing abnormal feeding behavior in dementia: A taxonomy and initial findings. In:Weight Loss & Eating Behaviour in Alzheimer’s Patients. Research and Practice in AD eds Vellas B, Riviere S, Fitten J. New York: Serdi Publishing Company. S. 47-64
Das Aversive Feeding Behaviour Inventory – Ein Instrument zur Beurteilung von gestörtem Eßverhalten bei Demenzkranken
A. Beeinträchtigt direkt den Essensvorgang
Oropharyngeale Dysphagie (fehlende orale neuromuskuläre Koordination beim kauen)
- Öffnet den Mund nur bei direktem physischen Kontakt mit dem Löffel
- Presst die Lippen zusammen
- Hält den Mund fest verschlossen und beißt die Zähne zusammen
- Ständige Zungen- und Lippenbewegungen verhindern die Nahrungsaufnahme
- Nimmt die Nahrung in den Mund und stößt sie wieder aus
- Nimmt Nahrung auf, aber schluckt sie nicht
- Nimmt Nahrung auf, aber schließt nicht den Mund, Nahrung fließt aus dem Mund
Selektives Verhalten (erfordert qualitative Änderung der Ernährung)
- Verlangt nach besonderem Essen oder lehnt die Nahrung ab
- Verlangt nach besonderem Essen, probiert es, beklagt sich und isst nicht weiter
- Lehnt mehrere verschiedene Nahrungsmittel ab
- Isst geringe Mengen und lehnt weitere Nahrung ab
- Bevorzugt flüssige Nahrung (> 50 % der Nahrungsaufnahme)
- Akzeptiert nur flüssige Nahrung
B. Indirekte Beeinträchtigung des Essens
Ablehnendes Verhalten des Demenzkranken
- Wendet den Kopf zur Seite
- Hält die Hände abwehrend vor den Mund
- Schiebt den Löffel weg
- Schlägt nach dem Pflegenden
- Wirft mit dem Essen
Allgemeine Dyspraxie/Agnosie (globale kognitive Defizite, Verwirrtheit und fehlende Konzentration)
- Muss verbal zum Essen gedrängt werden
- Isst mit den Fingern statt mit Besteck
- Unfähig mit Besteck zu essen
- Spielt mit dem Essen herum ohne zu essen
- Spielt ständig statt zu essen
- Versucht nicht Essbares zu essen
- Läuft während des Essens vom Tisch weg
- Beachtet die Nahrung nicht
Weitere Auffälligkeiten, die sich bei der Entwicklung der Skala gezeigt haben:
Schluckstörungen (Nahrung gelangt in die Luftwege)
- Hustet oder würgt bei der Nahrungsaufnahme
- Gurgelnde Stimme
Abhängigkeit vom „Esseneingeben“
- Zeigt wenigstens ein Merkmal gestörten Verhaltens beim Essen, isst aber selbst
- Muss gelegentlich Essen gereicht werden (während einer oder verschiedener Mahlzeiten)
- Isst nur, wenn er/sie gefüttert wird
ZU den unterschiedlichen Verhaltensweisen wurden von mir individuelle Lösungsansätze und Strategien den einzelnen Kategorien zugeordnet. Es sind lediglich Vorschläge, da eine empirische Überprüfung bisher nicht erfolgte. Sie basieren auf meiner jahrelangen Erfahrung in der Praxis:
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Beispiele:
Literatur von Blandford:
Blandford G, Watkins L: „Aversive feeding behavior in demented nursing home residents: Characteristics and correlations.“ J Am Geriatr Soc 43: 10, 1994 (Received AGS award for best clinical research on geriatric syndromes)
Blandford G, Watkins L, Mulvihill M, Taylor B: „Correlations of aversive feeding behavior in dementia patients.“ J Am Geriatr Soc 43: SA11; 1995
Blandford G: „Feeding the Alzheimer’s Patient.“ Facts, Research and Intervention in Geriatrics: Nutrition. Gerontology, 1995
Blandford G., Bosko F, Antis P: „Objective swallowing evaluations in demented patients with aversive feeding behaviors.“ The Gerontologist 38:Special Issue 1: 323, p 345; 1998
Blandford G., Fann CJ: „Dementia, abnormal feeding behavior and death“ J Am Geriatr Soc 48: S18 P27; 2000
Blandford G: „Eating disorders“, in „Brocklehurst’s Textbook of Geriatric Medicine & Gerontology“ edited by Tillis et al, Churchill Livingston, (London), Sixth Edition. Chapter 108, pp 1381-1390 (2002)
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